“Der Michelangelo von Köln” – WDR-3 Köln – 2002
Eine Fernsehreportage über die Entstehung eines Deckengemäldes in der Kölner Opernpassage (ehemals Schweizer Ladenstadt) im Auftrag des Architekten Walter Brune.
Das Gemälde ist nass in nass mit Tuschen und Acryl in einer gewölbten Linse gemalt. Die Linse ist 16 x 4 m groß.
Das Motiv stammt aus einer Serie Skizzen zu den „Picadoras“. Die Picadoras sind als Motiv aus einem Wettbewerb hervorgegangen für die Gestaltung des Picasso Platzes in Münster.
Wettbewerb
Der Picasso-Platz ist vor dem Picasso Museum in Münster. Mit diesem Wettbewerbsbeitrag gewann im Jahr 2002 Andres Ginestet den ersten Preis im Wettbewerb.
Gegen die Entscheidung der Jury, den ersten Preis Andreu Ginestet zu geben, erhob die Kirche Einspruch, mit den Worten: „in Münster hängen die Glocken tief“. Der zweite Preis wurde realisiert. Heute sieht man nichts als eine Pflasterung. Das Kunstwerk des zweiten Preises besteht aus einem Portrait von Picasso, dass über Pixel (Pflastersteine) von der Luft aus zu sehen ist.
Picadores und Picadoras
Das Motiv Picadoras stellt die, den Künstler Pablo Picasso überlebenden Frauen dar. Es waren mindestens sechs Frauen.
Wie bei jedem Künstler und wie in jedem Werk ist das Werk bedeutsamer als die Figur des Künstlers selbst. Ich inszeniere die Frauen von Picasso im Sinne der spanischen Tauromaquia.
Die Picadoras sind die weibliche Form des Picador, dem Stierkämpfer auf dem Pferd.
Die Frauen haben den Körper eines Stierhorns. Auf die Spitze des Stierhorns setze ich einen weiblichen Torso, wodurch das Horn zum Körper einer tanzenden oder laufenden Frau wird. Diese Kunst ist doppeldeutig. Zum einen setzt Picasso den Frauen die Hörner auf. Aber real, kulturell bedingt und in der zeitlichen Folge gewinnen die Frauen an Bedeutung, und setzen dem Meister allesamt geeint die Hörner auf.
In dem Gemälde wird die Picadora wie in einem Ballet (auf der Opernbühne) als flüchtende Picadora inszeniert. Da ich selbst Ballettstücke erdacht, inszeniert und choreographiert habe ist es für mich ein normaler Vorgang die Tanzbewegung in Skulptur und Malerei umzusetzen.
Die Figuren im Bild rennen vor zwei abstrakten Elementen weg, die den Verlauf der Zeit darstellen: Tempus fugit!
Die erste Figur ist ein rotes Tor, das Zeit-Tor.
Alles Schöne hält nur eine begrenzte Zeit. Mit dem Alter kommen die Falten. Aber wenn eine Frau zugleich Muse sein will, hat sie wie, man bei Picasso unschwer erkennen kann nur eine geringe Halbwertzeit. Viele Frauen wollen lieber den Mann zur Muse nehmen, als selbst Muse sein. Andreu Ginestet hat ein anderes Glück!
Die Picadoras flüchten vor dem Vergehen der Zeit
Das Vergehen der Zeit wird als Augenzwinkern, oder clin d’œil gezeigt. Die Form der Augenwimpern ist an sich bereits ein Entwurf für eine Skulptur, die ich 2001 gezeichnet habe zum Thema Wandel.
Ein Augenwimpernschlag stellt ebenso ein humorvolles Augenzwinkern dar, und deutet die Kürze eines Zeitraumes an. Es geht darum, dass ein Wechsel, das „Verlassen-werden“ so schnell geht wie ein einziger Augenschlag dauert. Ironischer Weise hatte ich bis zum meinem 37 Lebensjahr ein sehr motiviertes Paarungsverhalten, dass nicht gerade von Beständigkeit zeugt.
Vor diesen beiden Ungewissheiten flüchten die meisten Frauen. Um als Frau und Muse zu bestehen, bedarf es einer anderen Form der Inszenierung. Diese habe ich mit meiner neuen Partnerin nicht nur neu gedacht und ausprobiert, sondern im wahrsten Sinne des Lebens gelebt. Diese persönliche Entwicklung mündet in der Realität einer einzelnen überlebenden Frau aus einem sehr turbulenten Verlauf. Diese stelle ich dar als eine einzelne überlebende Picadora.
Eine einzelne überlebende Picadora
Hinten rechts steht eine einzelne überlebende Picadora an einem grün-weiß-gestreiften Blatt. Dieses Blatt ist geformt wie ein Kussmund der Liebe. Solange wie die Muse den Künstler küsst, darf sie bleiben. Diese ist die Hauptfigur in dem Bild. Sie stellt meine Partnerin dar.
Die letzte Picadora
Umrahmt wird die letzte Picadora von einem Wald grüner Blätter. Dies sind anatomisch gesehen, nichts anderes als aufgeklappte Schamlippen einer Scheide, grün angemalt, also das Tor zur Welt. Dieses Motiv ist ein Zitat von Niki de Saint Phalle und Ihre Plastik Hon.
Durch das Tor zur Welt, entsteht Kunst, aber eben auch der zur Kunst gehörende Betrachter. Sobald ein Künstler Vater wird, aber Vater vieler Gedanken, kann die Muse ihr Glück auskosten.
In dem Film lenkt der Künstler von dem eigentlichen Entwurf ab. Zu dem Zeitpunkt durfte niemand erfahren, was das Bild bedeutet.
Es geht in der Kunst immer darum, das Publikum solange wie es geht für das Kunstwerk zu interessieren. Dazu gehört auch, dass Inhalte erst später öffentlich gemacht werden, wie es hier der Fall ist. Dadurch sind Kunstwerke über lange Zeiträume überlebensfähig.