Die Skulptur und ihre Beschreibung
Ein Portrait des Philosophen José Ortega y Gasset.

Technische Daten:
Höhe ca. 40 cm, 19cm breite und 16 cm tiefe; Gewicht ca. 8 Kg. Bronze, braun/rot patiniert. Am 4 April 2003 signiert.
Zur Person von Ortega und meine Darstellung:
Ortega ist der Begründer der Hermeneutik, und der Überlebens-Philosoph an sich ob seines Pragmatismus. Sein Hang die Zeit, in der er lebt kritisch zu beurteilen, war und wäre eine Kunst, sofern ausreichende Personen davon Gebrauch machen würden. Als Katalane in Spanien, habe ich Ortega in der Schule mit der Muttermilch aufgesogen. Daraus entwickeln Kinder in Spanien so etwas wie einen sensiblen Umgang mit den Schriften von Ortega. Denn auch der modern spanische Blickwinkel ist durchaus kritisch gegenüber Ortega. In Deutschland wird Ortega dagegen sehr wenig rezipiert. Ortega wird nach deutscher Manier auch gerne politisch verwurstet.
Mein derzeitiger Umgang mit seinen Ideen passt in die anzunehmenden Folgen einer intellektuellen Entwicklung, die in der Zeit nach der Diktatur des Generals Francisco Franco in Spanien beginnt. Von Ortega habe ich den Hang all das was ich tue, sehr pragmatisch bis zur Grenze des machbaren,auszureizen. In einer Diktatur bleibt nicht viel anderes übrig. Anders als Menschen, die in der BRD aufgewachsen sind, rieche ich eine Diktatur schon aus weiter Ferne, und pragmatisch geprägt, bemühe ich mich den Anzeichen einer nahenden Zeit entgegen zu wirken. Man entwickelt ob der kindlichen Erfahrungen gewisse Abwehrmechanismen. Pragmatismus und der feste Wille zu Scheitern waren Ortegas Devise: der Mensch hat die Pflicht bis an die Grenze des Machbaren zu gehen. So steht es in seinem bekannten Essay: „Aufstand der Massen“. Diese sind auch meine Devisen.
Eine Metapher in seinem Buch finde ich dafür bezeichnend, in der er beschreibt dass der Moderne Mensch die Pflicht hat „ins kalte Wasser zu springen“ und zu schwimmen, mitten in den schlimmsten Stürmen (die Zeit in der wir leben) um sich dann an der einzigen und im nächsten Boje festzuhalten um nicht unterzugehen. Die Boje ist natürlich das gültige Wissen, jenes Wissen das obenauf schwimmt. Das ist die lebensrettende Boje in einem Ozean des Wissens der Ideen und der Stürme. Dass ist das was ich als Pragmatismus bezeichne. Es gibt sehr viel Wissen. Aber bestimmte Wissensformen sind lebensrettende Bojen. Ein guter Schwimmer hält sich daran. Die Unterscheidung zu treffen zwischen dem schönen und dem lebensrettenden Wissen ist eine besondere und überlebenswichtige Kunst. Mehr dazu schreibt Ortega selbst. Da gibt es einige wichtige Aspekte, die Beachtung finden müssen.

Daher habe ich meine Ortega Skulptur mit zwei Symbolen in jeder Hand versehen und ihm eine bestimmte Körperhaltung gegeben. Er hält in der rechten Hand einen Schwamm, Symbol des Wissens, der Neugierde und des Wissen-Saugens, sowie ebenso des Wasser-abgebenden Schwammes. Der Schwamm ist eine allgemeingültige Metapher des Gehirns und des Wissens und suggeriert das Benetzen und Benässen (weil Wissen ja ansteckend sein kann). Der Schwamm ist ebenso die Boje, an der wir uns festhalten sollten, wenn wir in der stürmischen See schwimmen.

In der linken Hand, ein wenig unter dem Ellenbogen und in der Taille dicht am Körper versteckt hält er ein von mir entworfenes, erfundenes und vielfach öffentlich inszeniertes Feigenblatt (Symbol der Macht).

Es ist zunächst anzumerken, dass die hier vorgestellte Skulptur von Ortega ein Modell für eine monumentale Plastik ist. So sei festgestellt, dass die monumentale Bronze von Ortega von der Universitat Politécnica de Valencia als 2,5m hohe Bronze beauftragt, von mir hergestellt, abgeliefert, von der Universitat bezahlt wurde. Nur direkt danach wurde sie für immer in einem Verlies eingesperrt, wenn sie nicht gar schon eingeschmolzen ist, weil man die Bronze für Kriegsrelevante Güter benötigt.
Ich will nicht klagen. So etwas passiert immer wieder mit Kunstwerken, die in der Zeit, in der sie entstehen im Widerspruch zum Mainstream stehen. Wenn der Künstler -wie in meinem Fall- auch noch konsequenter Rebell und dem Establishment widersprechender Hofnarr wird, der dann auch noch intelligent genug ist um echte Emotionen und Widerspruch zu erzeugen und politisch extrem zu wirken, dann wird nicht nur eines, sondern gleich mehrere Kunstwerke in verschiedenen Ländern von der Nomenklatura eingesperrt.
Wie geht die Intellektualität mit einem Ortega oder dem ihn darstellenden Künstler um?
Ich möchte Intellektuelle, die ich generell sehr respektiere und anerkenne und auch gerne in ihrer Eigenschaft als Kollegen umarme nicht mit meinen Zeilen irritieren. Daher erkläre ich vorab, dass ich die folgenden Zeilen aus dem lachenden Blickwinkel eines katalanischen Intellektuellen schreibe, der in seinem Gastgeber Land Deutschland -wie Puigdemont (dem deutschen Wortlaut nach auch: Putsch-Dämon) – auch Asyl und Zuflucht gefunden hat. Ich erkläre ebenso, dass ich diese Zeilen schreibe und damit nicht die Intellektualität angreife, sondern unsere Zeit, das Internet und die verdammten Algorithmen, welche negative Bewertungen von Personen wie Scheiße oben schwimmen lassen, und erkläre auch warum. Dennoch kriegen gewisse Intellektuelle ihr Fett ab, sofern sie sich angesprochen fühlen.
Im Zuge meiner Arbeit an der Plastik „Ortega“, deren photographische Darstellung und der Aufforderung eines meiner Sammler, die Plastik zu erläutern, ging ich frech und unverfroren auf die Suche nach Artikeln über Ortega und dem Aufstand der Massen ins Netz.
Nun machte ich zwangsläufig und den Suchergebnissen folgend einen kleinen Exkurs in die Welt der Intellektualität, welche sich so gerne mit Ortega und seiner Wirkung befasst: sein Essay „Aufstand der Massen“ wird in deutscher Sprache z.B. in Wikipedia und von Redakteuren wie z.B. der Zeitung Die Zeit (Lothar Baier -Literaturkritiker von der Zeit-) auf amüsante Weise von der typisch moralisierenden Oberlehrer-Perspektive eines Besserwissers analysiert und bewertet. Gehen wir doch schmunzelnd darauf ein.
Wie so oft bemerkt in der Geschichte des Denkens, ist Intelligenz ein knappes Gut. Gewissenhaftigkeit ist aber noch seltener vorhanden. Daher werde ich sehr vorsichtig sein und keine Verallgemeinerungen äußern. Ich behaupte nicht, dass Intellektuelle mit einer einfachen Internet-Recherche dem von Ortega vorgeschlagenem Thema gerecht werden können. Leider ist es aber so, dass die allermeisten Menschen ihre interne Festplatte (Gedächtnis) ins Internet verlegt haben und als allererstes im Netz nach Hinweisen zu ihren Fragen suchen. Und wenn sie ins Netz gehen, finden sie exakt die gleichen Texte, die auch ich gesucht und gefunden habe. Der normale Leser wird nicht weiter forschen. Er wird die ersten Texte, die er findet als Referenz verwenden, und dann entscheiden ob er mehr dazu erfahren will oder nicht: meistens reicht der Eifer einer suchenden Person im Netz bis zu den ersten 10 Einträgen auf der ersten Seite im Netz.
Wenn man sich diese ersten beiden Texte ansieht, kann man auf den Gedanken kommen dass zumindest einige wenige Intellektuelle oder Journalisten das Wissen (den Schwamm) nicht sehen den Ortega auch ihnen entgegen hält (Das Wissen wird in meiner Skulptur von Ortega als Schwamm dargestellt -das Wissen- dem Betrachter hin, was wiederum metaphorisch mit der Boje in seinem Buch beschrieben wird), sondern das Feigenblatt (das von mir erfundene Symbol der Macht, die Definitionsmacht, die Narrative, welche er in meiner Plastik unter dem Ellbogen an seinem Gürtel und an der Seite hält). Honi soit qui mal y pense.

Bei einer einfachen Suche mit den Begriffen Aufstand der Massen in Bing tauchen Zwei Artikel auf:
- ganz oben Wikipedia(aktualisierter und aktueller Artikel) und
- Die Zeit(Lothar Baier, am 6 Januar 1984 mit dem Titel: Der Aufstand der Massen in der Zeitung Die Zeit, Hamburg, veröffentlicht)
Diese zwei Artikellassen tief in die Geisteshaltung der Autoren blicken. Die Artikel geben sich intellektuell und kühl distanziert und neutral bewertend, sind dies aber mitnichten. Sie sind von den klassischen Vorurteilen der von Thomas Mann geprägten Kulturmenschen geprägt. Wir erinnern uns sicher an den alten Philologen Streit zwischen Kultur und Zivilisation, zwischen Thomas Mann auf der einen und Heinrich Mann oder Romain Roland sowie Maxim Gorki auf der anderen Seite. So wird der Streit in den Kulturwissenschaften in deutschen Universitäten vermittelt: dieser Streit war der ideologische Nährboden für den Nationalsozialismus und den darauffolgenden zweiten Weltkrieg. Es wäre zu hoffen gewesen dieser alte Grabenkrieg der Intellektuellen sei vorbei. Eine einfache Suche im Netz nach deutschsprachigen Ergebnissen mit solchen Ergebnissen wirkt dann sehr ernüchternd.
Wir wissen aus Wissenschaft und Forschung sehr wohl, dass Inhalte im Netz, anhand der vorhandenen und arbeitenden Algorithmen Meinungen und Bewertungen verstärken, anstatt sie ausgewogen zu relativieren. So präsentieren sich konsequent die Ergebnisse meiner Internet Recherche und verstärken falsche und auch kuriose Vorurteile, die unsere Kultur- und Kritikfähigkeit demontieren und dem Humanen Miteinander ganz und gar den Garaus machen. Statt Brücken der Verständigung zu schlagen, hilft das Netz wohl er dazu Meinungen stärker zu polarisieren und aus unserer Gesellschaft eine bipolar gestörte Gesellschaft zu machen.
Die zwei von mir erwähnten Artikel sind einem Hauch von klassischem intellektuellem Vorurteil sehr nahe, denn die an Ortega verübte Kritik kommt aus dem deutschen Kulturideologischen Süppchen indem sie entsteht.Die Kritik in beiden Artikeln will normieren. Dies deutet für den unbedachten Leser eventuell darauf hin, dass die Kritiker glauben, meinen, denken, fühlen dass Ortega so beurteilt werden kann, weil er so ist wie sie selber sind. Er ist einer von denen, auch wenn er meint er sei anders. Ortega ist nicht anders, weil er nicht anders sein darf. Ortega ist wie sie, wie jene die ihn beurteilen. Ja klar, die Autoren und generell auch der deutsche Leser haben,wenn überhaupt die deutsche Übersetzung gelesen. Ortega verkommt ab dann aus der Warte des gleichwalzenden z.B. hanseatischen Intellektuellen der sein Bier auf Deutsch an der Costa Brava bestellt eben aus der Sicht der hanseatischen Intellektualität für die hanseatische Intellektualität und in einem selbstreferenziellen Markt der Ideen schreibt ein willkommenes und schweigendes Opfer der uns gleichberechtigt ignorant machenden Nomenklatura.
Aber Ortega will von den Deutschen Lesern zunächst überhaupt nicht verstanden werden, denn Ortega spricht den Leser auf Spanisch in Spanien an, nicht den Deutschen. Das hat etwas mit der Zeit und der Lebenslage des Ortega zu tun. Seine Texte werden in Spanien selbstverständlich ganz anders verstanden und rezipiert als in Deutschland. Dem scheinen Intellektuelle in Deutschland aber nicht ganz zu folgen. Zumindest liest man historisierende verständnisvolle Argumente hierzu im Netz, in der Eliten gleichgeschaltet werden und verallgemeinernd zugleich sozial, ökonomisch und intellektuell gleichgeschaltete Eliten sind: Eliten die Ortega nicht einmal erwähnt.
Und der biedere deutsche Leser oder Intellektuelle, weil er mal gerne pikiert ist, weil er schon wieder nicht angesprochen wird obwohl er sich angesprochen fühlt (das tun zumindest einige Deutsche grundsätzlich gerne und geben ihre Meinung ab, und dies ist gut, denn so gibt es etwas zu bereden) muss einen draufsetzen und dabei aber höflich dem Spanier seine eigene Überlegenheit durch Aburteilung deutlich machen. Die elendig komische Besserwisserei des nordischen Menschen, seine kategorische Verachtung des faulen Südländers der seine Arbeit nicht richtig macht, keine wissenschaftliche Disziplin kennt und nichts belegt im Gegensatz zu dem ordentlichen Deutschen der alles kann und dies belegt (so Lothar Baier) werden mit Eleganz und gewiefter Feder dem Leser so zusammenhängend und im Internet verlinkt dargeboten, dass die von den deutschen Lesern und Intellektuellen am besten beherrschte Technik im Krieg, und sei dies der Krieg der Ideen, nämlich die Propaganda und Desinformation, der Wahrheit und dem Informationsgehalt eines Buches wie Der Aufstand der Massen komplett die Lizenz zur Existenz entzieht.
So wird dann bei Ortega ein angeblicher Elitismus kritisiert, den Ortega gar nicht so meinte, denn er selbst hat Kritik an den sozialen Elitismus geübt, wie entgegen der Zeit und Wikipedia in der Frankfurter Allgemeine von Hans Ulrich Gumbrecht beschrieben wird:
Das war der Aufstand des selbstzufriedenen Kleinbürgers (“señorito satisfecho”) und sein Anspruch auf ein ebenso bequemes wie sorgenfreies Leben, zu dessen Sicherung er nichts beitragen zu müssen glaubte, weil er sich auf den großzügigen Staat verließ.
Lothar Baier verwechselt in seiner Kritik Ortega mit den Aristokraten, die über ihre Zeit erhaben die Masse des Volkes mit vernichtender Verachtung beschenkten. Und dies obwohl Ortega den Faschismus der Barbarei bezichtigte und klar die Mittelklasse ob ihres Snobismus kritisiert. Ein Lothar Baier -selber Mitglied der Mittelklasse- hat aber den Schneid den Begriff Elitismus sehr flächendeckend und verallgemeinernd so zu verwenden, dass der Leser meint eine Kritik an die Masse in der Zeit, eben jene Masse aus der -laut Hannah Arendt- auch der Nationalsozialismus hervor ging,ist nicht erlaubt: wir sind doch alle gleich! Wer will sich denn da absondern!
Dabei ist der Elitismus, der von Ortega kritisiert wird, Gramsci viel näher, der ebenso wie Ortega gegen die Gleichgültigkeit aufschrie und bekannt wurde durch den Satz: „Ich hasse die Gleichgültigen!“. Stéphane Hessel mit seinem Essay „Empört euch!“ zieht in unserer Zeit sogleich nach und droht dann in dreißig Jahren wieder Opfer der Kritik, von der dann hoffentlich existierenden Mittelklasse zu werden, die mit spitzer Feder elegant von dem dann lebenden Erbe des Lothar Baier pulverisiert und vernichtet wird. So notiert dann auch Baier, dass Ortega wohl nicht ganz kohärent als Elitist unter den Elitären abgestempelt werden darf, aber vernichtet hat er ihn mit seinem Verriss trotzdem. Deutschland ist nicht das Land der Dichter mehr, nein, es ist das Land der Vernichter wie Baier, so sehr…
Meine Deutung des Ortega ist -der Leser möge mir verzeihen, denn ich bin ein nicht existierender Katalane- eine andere. Ortega trifft eigentlich bei uns allen wunde Punkte. Je mehr wir uns in die Dekadenz hinein begeben in die wir gerade hineinstürzen, desto schlimmer wird es. Das platonisch aristotelische Verhältnis der angeblichen Eliten zur Intellektualität verkommt in der Einebnung und Absenkung des Bildungsanspruches der Mittelklasse so perfekt, dass ein Anstieg der Armut in Mittelklasse umdefiniert nur noch von der Grenzdefinition Armut ferngehalten werden kann, indem eine viel ärmere Armut in das Land der verarmenden Mittelklasse importiert wird;eine Armut welche auf dem Weg ihrer eigenen Erzeugung die Wohlstands- und Machtelite der Bevölkerung mittels dem Export des Krieges noch reicher und stärker macht, und somit die Dominanzstränge der Gesellschaft stärkt. Die importierten Armen sind, die von uns mittels Krieg erzeugten Flüchtlinge. Warum geschah dies? Die deutsche Mittelklasse wurde dem deutschen Geldadel zu frech und der deutsche Geldadel stellte die grollende Meute mit den Flüchtlingen ruhig: so gibt es wieder ein Schreckgespenst der (noch schlimmeren) Armut, dass die grollende Meute vor den Karren, der reichen spannte, und der Groll von oben (den Eliten gegenüber) nach unten (den Flüchtlingen gegenüber) sehr billig verbannte. Flüchtlinge sorgen dafür, dass es wieder ein soziales Gefälle in der deutschen Gesellschaft gibt. Dadurch wird die breite Mittelklasse ungefährlicher, sowie homogener (vor dem neuen Klassenfeind Flüchtling) und weniger vielfältig, angreifbarer, schwächer, denn es ist ja wieder möglich tiefer abzurutschen, Opfer des sozialen Niedergangs zu werden. Für die Reichen ist nichts gefährlicher als ein homogener und großer grollender deutscher Mob, der auch etwas vom Kuchen will. Mit den Flüchtlingen vor der Nase gibt es ein soziales Gefälle und der bereits verarmte deutsche Bürger kuscht und benutzt wie gewohnt, die Ellbogen nach unten. Damit sind die Armen geschickt damit beschäftigt, ihren eigenen Niedergang hierarchisch zu ordnen. Sie können nichts gegen die sie aufhetzende und angreifende politische, soziale, ökonomische und intellektuelle Elite anrichten, die Ortega, Gramsci und Hessel sehr wohl im Blick haben. Die armen Hessel, Ortega und Gramsci, sie fallen den Wellen des Totalitarismus und der Demagogie zum Besten, und zum Opfer. Die Sprache der rohen Gewalt ist heute wie gestern in großen Wellen mal auf dem Vormarsch, mal auf dem Rückzug. Kein Wunder, dass intellektuelle antizyklisch protestieren, und dann, wenn gerade die Mittelklasse auf der Welle des Wohlstands surft wie Baier im Jahr 1984 darstellt diese Mahner immer wieder aufs Neue von hörigen wohlgenährten Pamphletisten eins auf die Mütze bekommen.
Ich habe die deutsche Übersetzung des Essays von Ortega bereits in den neunziger Jahren gelesen und fand diese so schlecht, wie eine Übersetzung nur sein kann, die es nicht vermag die spanische Geisteshaltung zu vermitteln, sondern bieder-ernst falsch geschlossene Schlüsse mit Akzenten versieht, die in der spanischen Sprache und Kultur ganz anders verstanden werden. Deswegen erwähnt der deutsche Wikipedia Artikel bzw. die Artikel aus Zeitungen die von mir eingangs erwähnte Metapher der Boje aus dem Aufstand der Massen mit keinem Wort. Nein. Die schnell aufgerufenen Artikel aus der deutschsprachigen Medienlandschaft online erwähnen jene Fragen, die für Intellektuelle relevant sind, denen es darum geht festzulegen und festzuhalten, was der Schwamm (das Wissen und das Gehirn) nicht zu halten vermag … Es geht um die Narrative, das Feigenblatt. Es geht um Propaganda. Und es geht um eine gelenkte Kultur die entweder zu fressen oder zu sterben hat. Dieses Lied, dass kennen wir doch. Das ist das Lied der Feigenblattkultur der aus dem Paradies ausgestoßenen von Gott und allem göttlichen verbannten Homo-Sapiens-Sapiens mit der Perspektive in Walhalla aufzugehen (die wirklich deutschen). Wie gewonnen, so zerronnen, die Einsicht verlässt uns alsbald:der zweite Weltkrieg ist an uns vorbei geschwommen, wir sind ganz wieder die alten Preußen, die sich gerne anlegen, wieder mit z.B. den Reußen …
So erlebe ich als Künstler diese Sorte der Intellektuellen die lieber das Feigenblatt als den Schwamm verwenden: Sie glauben sie sind wer. Sie tun so, als ob die Taschen ganz schwer. Aber sie alle fressen dem Pragmatismus aus der Hand und leben auf seine Kosten. Sie sind keine Helden, keine Rebellen, sondern angepasste Pragmatiker.Und die Boje? die sehen sie einfach nicht, weil sie auf den Fisch achten, der anfängt vom Kopf her zu stinken, sobald sie ihn in der Hand halten. Die Boje aber, die Boje, die erwähnen sie nicht. Das bedeutet nicht, dass ich diesen Intellektuellen keine Kritik gestatte. Die dürfen sie gerne ausüben. In Frankreich werden aber die sogenannten hors-thème mit einer unterdurchschnittlichen Note bewertet. Und die ersten zwei von mir erwähnten Artikel, die ich im Internet lese sind eindeutig ein hors-thème.
Kritik ist gestattet. Wenn diese aber vom Verstehen vor dem Bewerten gezeichnet ist, dann erreicht sie die Menschen und hilft. Dann ist diese Kritik konstruktiv und für alle Seiten gewinnbringend. Als katalanischer Künstler und Intellektueller bin ich gezwungen die herrschenden Kulturen, wie die französische, deutsche und spanische sehr gut zu kennen. Ich kann es mir nicht leisten mich anfeinden zu lassen. Ich würde Gefahr laufen von allen dreien weiter kolonisiert und terminiert zu werden. Die intellektuellen Vertreter der drei starken Kulturen hingegen, die haben ein leichtes Spiel mit dem alten Antagonismus von Kultur und Zivilisation. Die Zeit des Populismus treibt gewöhnliche Blüten und so schwimmen in den Netzen jene Artikel obenauf, die wie gesagt: der Fisch stinkt vom Kopf …
Die Skulptur und das berührte Thema:
Ortega y Gasset wird in meiner Plastik dargestellt als Mensch der im Flussbett, unter Wasser, den Fischen (die Spanier, die sich wohl fühlen wie Fisch im Wasser) erklärt wie die Welt funktioniert, mit systemischen, pragmatischen Ansätzen. Dabei hält er in der rechten Hand den besagten Schwamm dem Betrachter entgegen. In seiner linken Hand hält er halb versteckt ein spezielles Blatt, ein symbolisches „Feigenblatt“.
Ortega hält uns seinen Schwamm entgegen, als Werkzeug, das Gehirn symbolisierend. Das Gehirn kann Wissen aufsaugen und sogleich wieder vergessen (ausquetschen) oder verteilen. Intellektuelle sind dafür – so sehen wir das kulturhistorisch auf die jetzige Zeit gemünzt- anfällig. Aber sie sind eben genau das: anfällig. Sie unterscheiden nicht zwischen dem Fisch und der Boje. Sie fallen den Fisch an, vergessen die Boje, und schon ersaufen sie und werden demnach zu Fischfutter. So ist es halt, wenn man anfällig ist, und trotzdem durchfällt, wie mit dem Artikel aus Wikipedia oder der Die Zeit.
Spanier sind in meiner Metapher dagegen wie die Fische: taub, stumm, blind. Mit denen ist es noch schwerer. Nur, man darf dem deutschen Biedermann nicht das Feigenblatt zeigen, auf das er sich alsbald stürzt, wird es doch versteckt und verbirgt, was so wohlig schmeckt. Der falsche Intellektuelle, der meidet auf jeden Fall den Schwamm, oder auch die Boje, und will den Fisch solange bis, ja solange bis … und dem Spanier zeigt man am besten wie der Intellektuelle in Deutschland sich auf das Feigenblatt stürzt, die Boje vergisst, und schwimmt, bis er nicht mehr kann. Hoffentlich ist dann die Boje in der Nähe, nicht wahr?
Die Fische sind sein absolut gleichgültiges Publikum. Ironisch wirkt dann fast, dass er in der rechten Hand einen Schwamm hält, Symbol der Neugierde und des Wissens. Stellen wir uns die Szene vor: Ortega y Gasset steht, ernst und gefasst im Flussbett des Ebros und spricht mit den Fischen über das Wissen. Dabei erklärt er denen, dass, Wissen mit der Neugierde beginnt und vergleicht das Wissen mit dem Schwamm, der das Wasser des Flusses Ebro aufsaugt, weil der Fluss des Wissens (Ebro) das Wissen verkörpert … das ist doch zum Piepen! Der Schwamm kann in dem Fluss und vor den Fischen nur so viel anrichten, wie Gramsci, Ortega und Hessel zusammen: nichts!
Aber die Ironie geht weiter: sein Gewand sieht so wabernd und zerfleddert aus, wie es ein Gewand sein kann, dass schon lange im stillen Wasser auf und ab schwappt.

So lange nämlich steht Ortega unter Wasser und spricht zu den Fischen, wie die monumentale Plastik Elan von der deutschen Verwaltung eingesperrt und dem Publikum nicht zugänglich gehalten hat(Andreu Ginestet, 1988-1998, Monumentale, massive, keramische Plastik 30T Gewicht, 7m lang, 6m hoch, 5 m breit, einzige Plastik auf der Welt dieser Art, beschreibt die menschliche Emanzipation von der Gewalt als System nach Henri Bergson: Élan vital et créateur qui traverse la matière en se dieversifiant). Ortega und die Plastik Elan stehen in meinem Werk in einem Zusammenhang. Der Elan ist eine sehr wirksame Plastik, die Menschen von der Gewalt emanzipiert. Und diese Plastik steht im Fluss des Wissens, aber es ist still um sie. Denn keiner darf sie sehen, obwohl diese Plastik von der öffentlichen Hand in den öffentlichen Raum gestellt wurde. Diese Plastik wurde privatisiert. Sie steht nun in der Verwaltung der deutschen Postbank, die wiederum der Deutschen Bank gehört. Ein öffentlicher Raum (ehemals Oberpostdirektion) wurde mitsamt der Plastik privatisiert. So steht der Elan in einer geschlossenen Halle, ebenso wie der Ortega in einem „Keller“, oder Stauraum. Deswegen zerfleddert und wabert die Kleidung von Ortega aber bereits vor der Lieferung an die Universität. Ich bin bereits geteert und gefedert: ist der Ruf ruiniert, lebt es sich ganz ungeniert!
Die angedachten Fische bei der Plastik Ortega sind zum Vergleich in diesem speziellen Raum des Elan in Dortmund, die Angestellten der Postbank, die alle wissen worum es geht, seit vielen Jahren begriffen haben was es bedeutet sich von der Gewalt zu emanzipieren, aber jenseits des theoretischen Diskurses in einer anderen Realität leben und nichts tun. Hessel, Gramsci und Ortega fühlen sich geehrt.
Deswegen trägt der Ortega in seiner linken Hand ein Symbol aus der Bildsprache des Andreu Miquel Ginestet Menke: ein Blatt. Dieses Blatt ist ein Blatt, dass aus der Skulptur Elan (1988-1998) entsprungen ist (aus dem Gedanken der Emanzipation. Es geht darum den Garten Eden zu verlasen: Verantwortung übernehmen und die Welt gestalten) und zum Beispiel sehr deutlich in dem Gemälde in der Opernpassage in Köln (2003) zu sehen ist.
Dieses Blatt ist ein spezielles Blatt: es ist ein Feigenblatt, aber ein sehr spezielles „Feigenblatt“. Auf katalanisch nennt man es auch die „figa“. Die „figa“ ist mehrdeutig: das Wort „figa“ bedeutet Feige, die Frucht. Die Feige ist eine süße, paradiesische und begehrte Frucht- jene die in allen religiösen Texten vorkommt, mit entsprechenden Konnotationen.
Damit ist metaphorisch aber auch oft gemeint, dass man mit der Feige etwas vortäuscht, weil der Feigenbaum ein verräterischer Baum ist, dessen Äste sehr schnell brechen, wenn man ihn besteigt. Der Feigenbaum gilt als nicht sicher, wenn man hoch hinaus an die Früchte kommen möchte. Daher spricht man auch oft von der „figa“ in Zusammenhang mit der Feigheit des Menschen, die Feigheit davor: auf den Baum zu klettern um an die Früchte zu kommen. Darauf folgt das Gefühl der Scham. Wenn man jemanden darauf hinweist, dass er gerade seine „figa“ zeigt, dann möchte man andeuten, dass es wohl Zeit ist sich zu schämen.
Das Wort „figa“ steht aber auch für die weibliche Scheide, welche die Fruchtbarkeit und die Kontinuität der Menschheit symbolisiert (in die Verantwortung gehen und das Leben beschützen und beflügeln) und wird vor allem in Zusammenhang mit rebellischen und trotzigen Gefühlen verwendet. Der Katalane benutzt dieses Wort auch um daran zu erinnern, dass unsere Existenz sich nicht allzu sehr von der unseres Nachbarn unterscheidet und außerdem macht diese eine wahre „figa“ auch Angst. Man hat Respekt vor den Konsequenzen, seiner eigenen Handlungen. Denn, man muss schließlich geboren werden.
So wie die Deutschen dann,wenn sie die „figa“ meinen aber sagen: „du kannst mich mal kreuzweise …“ ist es aber nicht gemeint. Es bedeutet auf Katalanisch wohl eher: du kannst dich noch so sehr dagegen auflehnen, ich werde es doch schaffen und so drehen wie ich will. Das bedeutet, dass der Künstler dieses „Feigenblatt“ dann zeigt, wenn er wie ich als Künstler entschlossen ist sich selbst treu zu bleiben, auch dann, wenn meine Werke egal wie groß und monumental über Jahrzehnte eingesperrt bleiben. Und dieses Feigenblatt entspricht den anatomischen Umrissen der „figa“, das Tor zur Welt durch das wir alle kommen.
Und nun fragt sich der Leser ob dieser kleine Text als Sarkasmus aufzufassen ist? Nein, es ist wirklich wahr. Diese kleine Plastik ist das Modell einer monumentalen Bronze, die von der spanischen Administration beauftragt, gefertigt und aus öffentlichen Geldern bezahlt wurde und nun in Valencia in einem Keller eingesperrt steht, weil niemand diese Erklärung öffentlich machen will. Sie haben Angst vor den Konsequenzen. Wahrscheinlich haben sie die „figa“ richtig gedeutet.
In Deutschland steht ebenso die gigantische und monumentale Plastik Elan die von der öffentlichen Hand beauftragt, bezahlt und zensiert sowie eingesperrt wurde damit sie keiner sieht. Ebenso wie die Plastik in Valencia besteht die Plastik darauf den Menschen von seinen Fesseln zu befreien. Diese Kunst fordert den Betrachter auf sich mit ihr auseinanderzusetzen und sich selbst in dem Spiegel zu sehen. Das ist eine Kunst, die nicht unberührt lässt, sondern den Menschen von seinen Fesseln befreit und somit den Menschen aus der Kaverne holt, wenn wir nach Plato gehen wollen.
Anscheinend hat die von Ortega, Gramsci und Hessel interpellierte Obrigkeit in ganz Europa Angst vor der möglich wahren und wirksamen Bildsprache des Andreu Miquel Ginestet Menke. Egal wie groß die Kunst ist, wird diese eingesperrt.
In unserer Jugend haben wir noch Philosophie und Gedanken diskutiert. Wir wurden zu Denkern erzogen. Aber ich sehe heute kaum eine Chance dazu. Wenn ich mit Erwachsenen rede, habe ich das Gefühl mit verantwortungslosen Kindergartenkindern zu reden die an einer Krankheit leiden, die sich Opportunismus nennt. Und dies meine ich nicht böse, sondern den Umständen geschuldet.
Da ich leider aufgrund meiner politischen Tätigkeit eine moralische Instanz verkörpere und diesen Kindergarten mittels der Friedensarbeit am Leben halte stehe ich vor dem Rätsel, vor dem auch Ortega y Gasset gestanden hat. Ich muss diesen Kindergarten betreiben und mir überlegen wie ich mit den Proteinen in Nährlösung (Menschen oder jene die so tun als ob sie welche wären) umgehe, die mich mit ihren leeren Blicken anstarren, damit durch mein Handeln (der Hofnarr) ihre Gehirnzellen aktiviert werden. Das ist wahrlich eine Aufgabe, so wie ein Philosoph, der auf dem Grund eines Flussbetts steht und zu den Fischen spricht, gelöst haben will.
Um ehrlich zu sein, ich überlege die Fische so zu belassen wie sie sind. Die Frage ist doch, ob der Pragmatismus ausreicht um den Kindergarten der Fische zunächst in Nixen umzuwandeln um dann daraus so etwas wie verantwortungsvolle und bewusst lebende Menschen zu machen. Der Hofnarr hat viele Möglichkeiten, aber er ist kein Merlin. Es ist zum Verzweifeln, so nahe dran zu sein und doch nicht dran zu kommen. Daher bleibe ich an der Devise von Ortega y Gasset: das Unmögliche sollte immer versucht werden. Ohne selber drauf zu gehen.
Bilder des Modells der Skulptur von Ortega y Gasset
Bilder der Herstellung der 2,5 m Bronze in Villaguz, Spanien